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Ende 2021 werden in Deutschland mehr als eine Million elektrische Fahrzeuge zugelassen sein. Der elektrische VW-Bus des Göttingers Ingo Stephan ist dann eines davon. Der Unternehmer berichtet über ein Projekt, das den Elektrofachmann als auch Hobbyschrauber in ihm forderte.
Der Bulli von Volkswagen ist bis heute eine Legende und für viele Menschen ein Traumwagen. Für den Autobauer selbst ist der Kleinbus eine Erfolgsgeschichte, die inzwischen in der siebten Generation als T6.1 und seit 2021 als T7 gebaut wird. Als ID.Buzz mit optischen Bulli-Genen soll der Bus elektrisch und mit teilweise autonomen Fahrfunktionen im Jahr 2022 sogar eine Art Wiederauferstehung feiern.
Im südniedersächsischen Göttingen hat sich der Elektrofachmann Ingo Stephan den Traum eines elektrischen Bullis bereits erfüllt. Der heute wunderbar sanierte und elektrifizierte T1 Neunsitzer wurde im August 1964 gebaut.
Zu dem ursprünglichen Fahrzeug kam Stephan beruflich: „Ich habe mich Ende 2003 selbstständig gemacht. Im Vorfeld war ich auf der Suche nach einem Firmen- bzw. Servicefahrzeug. Ich wollte damals keine große Summe für einen Neuwagen in Weiß ausgeben, sondern mir irgendetwas Hübsches kaufen. So kam ich auf den T1.“
Stephan hatte zunächst Fahrzeuge in den USA ausfindig gemacht. Letztlich wurde es ein VW-Bus aus Herford in Nordrhein-Westfalen. „Gekauft habe ich den Wagen mit 44 PS, das war schon ein Ersatzmotor aus einem Karmann-Ghia“, erinnert sich Stephan. „Inzwischen fährt das gute Stück mit einem elektrischen 40-kW-Motor und bekommt seinen Strom aus einer 22-kW-Batterie.“
In der Göttinger Elektrofachfirma Bode & Stephan GmbH, in der Ingo Stephan als Mitinhaber u.a. für das Marketing zuständig ist, hat der Wagen auch als Verbrenner viele Jahre gute Dienste getan. „Das Fahrzeug war ein Hingucker nach der Restauration und brachte immer wieder Aufmerksamkeit für unsere Firma.“ Der Wiederaufbau dauerte zuvor jedoch gute fünf Jahre. „Wie das so ist bei einer Restauration, weil sie auch so ein bisschen nebenbei gemacht wurde“, erklärt Stephan schmunzelnd.
Ende 2019 bzw. Anfang 2020 entschied sich Ingo Stephan für den Umbau auf einen elektrischen Antrieb. Dabei war sein Ziel klar: „Der Bulli sollte so original wie nur möglich bleiben.“ Das hat der Oldtimer-Fan zum Beispiel im Cockpit geschafft: „Ganz klassisch hat er unten sein Gesicht behalten – Gas, Kupplung, Bremse. Oben, zwischen Fahrer- und Beifahrersitz, gibt es Lüftungsklappen und die Lüftungsmechanik. Dort habe ich letztendlich die neue Technik eingebaut, also Laderegler, Kommunikation, Batteriestatus und Verbrauchswerte. Bei dem ersten Blick auf das Armaturenbrett fällt das überhaupt nicht auf. Schaut man aber hoch, hat man gleich alle wichtigen Informationen vor Augen.“
Auch sonst blieben im Bulli mehr an Originalteilen, als vielleicht gedacht. Stephan erklärt: „Wenn man einen Oldtimer umbaut, nimmt man den Verbrennermotor einfach herunter vom Getriebe, man braucht dann einfach eine Adapterplatte und setzt darauf den Elektromotor.“ Die Logik besticht letztlich durch Einfachheit, wenn man dem Elektrofachmann folgt: „Das macht es dann umsetzbar oder einfacher, einen Oldtimer umzubauen, weil ich wirklich viel Mechanik habe. Im Normalfall lege ich den dritten Gang mit dem Elektromotor ein und fahre mit dem ganz normal. Es ist sogar einigermaßen zügig, schneller als das Anfahren mit dem T1 mit Verbrennermotor im ersten Gang.“ Der E-Motor zeigt so doppelt seine Wirkung, denn laut Stephan hat er schon deutlich mehr Zugkraft. „Also das Getriebe ist drin geblieben, man legt aber einen Gang ein und damit fährt man dann. Man braucht das Getriebe faktisch nicht im Alltag, im Betrieb“, resümiert der Elektroinstallateur.
Den Motor hat sich Ingo Stephan von der Firma Linde besorgt, die Batterie stammt vom Elektroauto-Umrüster Lorey. Den dreiphasigen Laderegler nahm Stephan von Mennekes. Dieser ermöglicht dem Elektromobilitätsfan ein Laden an der ebenfalls von Mennekes stammenden Wallbox mit 11 KW. Die AMTRON® Premium 22 kW (Art. Nr. 134 52 02) hat Ingo Stephan über den Großhandel Sonepar bezogen. Auf die Frage danach, warum es eine Mennekes-Ladestation sein sollte, antwortet Stephan gern: „Wir sind Qualitätspartner von Mennekes. Gleichzeitig verdankt die Elektromobilität in Europa viel dem Typ2-Stecker, der maßgeblich von Mennekes mit vorangetrieben wurde. Und die Wallbox wird hier in Deutschland produziert. Das hilft auch in Sachen Nachhaltigkeit und regionale Wertschöpfung.“
Aber einen Punkt gibt es dann doch, der bei der Elektrifizierung eines Oldtimers immer mal wieder zur Herausforderung wird: „Die Heizung im Oldtimer, gerade bei luftgekühlten Modellen, bei der die Abwärme vom Motor bzw. einer Heizbirne dem Innenraum zugeführt wird. Der E-Motor hat kaum Abwärme. Ich hatte keine Heizung und hätte keine TÜV-Freigabe bekommen. Das heißt, man muss eine elektrische Heizung nachrüsten und sie an das Fahrzeug anbinden.“
Gemeinsam mit seinem Sohn und einem Mitarbeiter seiner Firma wurde der elektrische Umbau von Stephan umgesetzt: „Wie das auf dem Dorf so klassisch ist, teile ich mir mit zwei Freunden eine Schrauberhalle. Es ist so ein kleiner abgelegener Hof, wo es keinen stört, wenn man Krach macht tagsüber, sonn- und feiertags. Da hat man die Zeit und die Ruhe und es gibt auch eine Hebebühne.“
Ein wirklich günstiges Unterfangen war der Umbau trotz preiswerter Werkstatt nicht. Ingo Stephan schätzt, dass der Bulli mit einer elektrischen Reichweite von etwa 150 Kilometern, allein bei den Kosten für die technischen Bauteile, um die 20.000 Euro gekostet hat. Und weil man beim Hobby oft nicht auf die Uhr schaut, kann er die Arbeitsstunden für den Umbau des Bullis auch nur schätzen: Es werden wohl so zwischen 100 und 120 Stunden gewesen sein.
Geld einspielen soll der Wagen deshalb schon. Der Marketingmensch Ingo Stephan hat dafür auch eine Art Rechnung parat: „Wenn wir die E-Mobilität, also Ladeinfrastruktur, für unserer Kundinnen und Kunden aufbauen, dann ist der E-Bulli natürlich ein passender Botschafter.“ Darüber hinaus sieht der Unternehmer noch mehr Business: „Wir haben bei uns in der Stadt einen Erstligisten im Basketball, die BG Göttingen. Wenn die Saison wieder losgeht, wird der Bulli bei Heimspielen stehen. Außerdem ist der Wagen ein schöner Hingucker bei Werbeveranstaltungen. Mein Hauptaugenmerk liegt auf Unternehmerinnen und Unternehmern – also Kundschaft, die mehr als zwei Ladepunkte braucht an einem Firmenstandort.“